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Investmail

(Foto: Markus Koch,NY)

Wiederholungen müssen nicht langweilig sein!

Manchmal ist es gut aufzuräumen. Genau dies habe ich mit meinem Desktop (Computerbenutzeroberfläche) heute getan und dabei den folgenden Artikel, den ich am Dienstag, den ‎16. ‎Juni ‎2011 verfasst hatte, gefunden. Nun, ein Jahr danach, finde ich es interessant, den Inhalt auf die zurückliegenden Ereignisse zu überprüfen und möchte Ihnen dies nicht vorenthalten (s. Anhang)

Wenn wir die im Anhang stehenden Voraussetzungen für eine Erweiterung der EU lesen, scheint uns der Text doch eher einer Komödie entsprungen zu sein – allerdings einer Tragikkomödie.

Angesichts dieser Voraussetzungen fragt man sich, wie es Länder wie Griechenland seinerzeit geschafft haben, in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Die vorherrschende Meinung, dass dies nur durch Betrug möglich war, stellt allerdings die Prüfer der „harten Aufnahmekriterien“, die europäische Kommission und den europäischen Rat, in Frage (s. Titelfoto). Theo Waigel, früherer Finanzminister und einer der Gründerväter des EUROS: „Die Aufnahme Griechenlands war eine Todsünde.“ Griechenland hätte nie in die Euro-Zone gehört. 1998 sei das Land noch abgelehnt worden, zwei Jahre später aber aufgenommen. „Das war ein gravierender Fehler.“ Die Griechen hätten die entscheidenden Zahlen gefälscht und die EU habe sie nicht kontrolliert und trage daher eine „gravierende Mitschuld“.

http://www.welt.de/wirtschaft/article106632123/Waigel-nennt-Griechenlands-Euro-Beitritt-Todsuende.html

Wir sollten uns auch vor Augen führen, dass viele Südländer der Europäischen Union seinerzeit allenfalls einen Emerging Markets Status hatten. Sehen wir heute die Ergebnisse und führen uns dies vor Augen, so scheint es, dass die Zustimmung diese Länder trotzdem aufzunehmen, andere Ursachen hatte. Ich möchte hier nicht Meinungen aufgreifen, die zum Teil in einschlägigen Medien zu lesen sind, allerdings nachdenklich machen diese schon.

Quantitave Easing I, Quantitave Easing II, Operation Twist, LTRO I, LTRO II, EFSF, ESM, bedeuten am Ende nichts anderes als Geld, Geld, Geld und nochmals Geld zur Beruhigung der Märkte. Island, Irland, Griechenland, Portugal, Zypern, Spanien, eventuell Italien…. Wie lange werden die Garantien und Versicherungen, die von der EU gegenüber den Märkten ausgesprochen werden und keinem einzigen Bürger in Griechenland oder Spanien helfen, noch für Vertrauen sorgen? Was dabei vergessen wird ist, dass Deutschland seine eigene Kreditqualität (Rating) dabei vaporisiert.

Aktuelle Meldung vom 19.06.2012, 23:45 Uhr: D&B hat Deutschlands #Länderrating von DB1d auf DB2a herabgestuft. Die #Topnote  DB1d haben nur noch AUS, CAN, NOR, Schweden und die Schweiz.

Garantien sind gefährlich, ja gefährlicher als CDS (Kreditausfallversicherungen), da es fast unmöglich ist festzustellen, für wieviel Schulden bereits garantiert wurde oder wie die Garanten angesehen sind. Deutschland ist in der EU der ultimative Kopfbahnhof und scheint zu vergessen, dass Schulden in zweierlei Richtung existieren. Entweder werden diese zurückgezahlt oder nicht!

Es spielt dabei keine Rolle warum die Schulden nicht zurückgezahlt werden, sondern lediglich, dass sie nicht zurückgezahlt werden.

Was passiert, wenn Griechenland oder schlimmer Spanien oder Italien sagen, sie haben genug von dem Fingerzeig und Rummhacken auf ihre vergangenen Taten und ihre Schulden redenominieren (auf eine andere Währung umstellen) oder schlimmer, jegliche Zahlung einstellen?

Weder Deutschland noch die EZB wäre in der Lage die Situation zu retten. Dies hat bereits das Wochenende vor der Griechenlandwahl gezeigt, die Liquiditätskanonen waren prall gefüllt und bereit – die Zentralbanken der Welt hätten aus allen Rohren geschossen; Gott sei Dank haben die Griechen so gewählt, wie es die EU von ihnen erwartet hat. Die Situation gerettet hat diese Wahl jedoch nicht.

Pimco, Bill Gross: Investors! Wake up and smell the ouzo! Elections which ratify more and more debt cannot cure a debt crisis.

(Investoren! Wacht auf und riecht den Ouzo! Wahlen, die mehr und mehr Schulden ratifizieren, können keine Schuldenkrise heilen.)

Vergessen Sie Griechenland, es geht jetzt um Spanien und Italien!!!

Finanzierungsbedarf bis 2014: #Spanien 350 Mrd plus Banken (die 100 waren mal). #Italien 670 Mrd. plus Banken. #esm Fans rechnen bitte mit !

Ich stelle einmal eine Behauptung auf: Der Euro (in der jetzigen Form) ist Geschichte!

Aktuelle Meldung von den G20: Der IWF wird um 500 Milliarden USD aufgestockt.

Nur zur Erinnerung: Im USD-Raum sieht es nicht besser aus. Die USA können jedoch ihr Geld solange nachdrucken, wie ihr die Welt das noch abnimmt!

Mit welchen Augen werden wir in einem weiteren Jahr diesen Bericht lesen? Ich bin gespannt!

Bernd Veith

Müller & Veith GmbH

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Investmail vom 16. Juni 2011

Eisberg voraus !

Die Voraussetzungen für eine Erweiterung der EU

Jeder europäische Staat, der die Grundsätze der Freiheit und der Demokratie, die Menschenrechte und die Grundfreiheiten sowie die Rechtsstaatlichkeit achtet, kann die Mitgliedschaft der Union beantragen. Die Bedingungen sind im Vertrag über die Europäische Union niedergelegt ( Artikel 6, Artikel 49).

Die Beantragung der EU-Mitgliedschaft ist der Auftakt zu einem langen und strengen Verfahren. Offiziell eingeleitet wird das Verfahren in dem Moment, in dem ein Land ein Beitrittsgesuch vorlegt, obwohl dem bereits unweigerlich enge bilaterale Beziehungen zur EU vorausgehen. Ein gültiges Beitrittsgesuch setzt eine Reihe von EU-Beurteilungsverfahren in Gang, die darüber entscheiden, ob einem Land schließlich der Beitritt angeboten wird. Das Tempo, in dem ein Land auf dem Weg in die EU vorankommt, richtet sich einzig und allein nach seinen Fortschritten bei der Verwirklichung unserer gemeinsamen Ziele.

Der Antrag eines beitrittswilligen Landes wird dem Rat vorgelegt. Die Europäische Kommission gibt eine offizielle Stellungnahme zu dem Bewerberland ab, woraufhin der Rat darüber entscheidet, ob er dem Beitrittsgesuch stattgibt oder nicht. Verabschiedet der Rat einstimmig ein Verhandlungsmandat, so können offiziell Verhandlungen zwischen dem Kandidatenland und allen Mitgliedstaaten aufgenommen werden. Dies geschieht jedoch nicht automatisch. Vielmehr muss das Bewerberland bestimmte Schlüsselkriterien erfüllen, bevor die Verhandlungen aufgenommen werden können.

Nach den so genannten “ Kriterien von Kopenhagen „, die der Europäische Rat im Dezember 1993 in Kopenhagen festgelegt hat, müssen die Kandidatenländer folgendes gewährleisten:

institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten;

eine funktionierende Marktwirtschaft und die Fähigkeit, dem Wettbewerb und den Marktkräften in der Union standzuhalten;

die Fähigkeit zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der EU-Mitgliedschaft, insbesondere zur Übernahme der Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion.

1995 hat der Europäische Rat von Madrid präzisiert, dass ein Kandidatenland außerdem in der Lage sein muss, die EU-Regeln und Vorschriften umzusetzen. Ein Beitritt setzt auch voraus, dass das Kandidatenland durch Anpassung seiner Verwaltungsstrukturen die Bedingungen für seine Integration geschaffen hat. Die Umsetzung der Rechtsvorschriften der EU in innerstaatliches Recht ist zwar sehr wichtig, doch kommt der wirksamen Anwendung und Durchsetzung mittels geeigneter Verwaltungs- und Justizstrukturen noch größere Bedeutung zu. Nur so kann sich das gegenseitige Vertrauen entwickeln, das für die EU-Mitgliedschaft unabdingbar ist.

Darüber hinaus muss auch die EU in der Lage sein, neue Mitglieder aufzunehmen: sie muss gewährleisten können, dass Effizienz und Verlässlichkeit ihrer Organe und Entscheidungsverfahren weiterhin gegeben sind; sie muss auch nach der Aufnahme neuer Mitglieder weiterhin gemeinsame

Strategien in allen Bereichen entwickeln und umsetzen können; sie muss in der Lage sein, ihre Politik auch in Zukunft nachhaltig zu finanzieren.

(Quelle: Europäische Union: http://ec.europa.eu/index_de.htm)

Als Griechenland der europäischen Wirtschaftsunion beitrat, geschah dies bereits unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. Die erforderlichen Voraussetzungen, ein ausgeglichener Haushalt, eine moderate Schuldensituation und ein entsprechendes Wirtschaftswachstum waren bereits zu dieser Zeit nicht gegeben. Wir kennen alle die Nachrichten aus Griechenland, die uns nur mit dem Kopf schütteln lassen: Rente mit 50, nachlässige Steuerpolitik, Tote erhalten weiterhin Rente usw. Tatsachen, die auch nach dem Beitritt Griechenlands in die EU nicht mit den Statuten der EU vereinbar waren. Die Ergebnisse sehen wir heute.

Die Politik reagiert panisch, denn sie sieht den Glauben und das Vertrauen in Europa gefährdet. Das Vertrauen, das die Finanzmärkte noch Griechenland gegenüber bringen, ist an den Zinsen, zu denen sich Griechenland an den Weltmärkten Geld borgen kann, abzulesen. Diese sind bereits weit über die 20% Marke gestiegen und die Bonität Griechenlands ist auf Ramschstatus gefallen. Griechenland hängt an dem Tropf der Europäischen Union und ist seiner Souveränität beraubt. Alle noch vorhandenen Aktiva (Vermögen) des griechischen Staates stehen zum Verkauf. Teile des griechischen Telefonkonzerns interessieren unsere Deutsche Telekom, der Flughafen stößt auf Interesse unserer FRAPORT, die Häfen usw . Geht demnächst die Akropolis zu Disney nach Amerika? Die Olivenhaine zu Bertolli nach Italien? Dann bleibt Griechenland zur Erwirtschaftung von Überschüssen lediglich der Schafskäse. Das wird dem griechischen Volk und den Gewerkschaften alles andere als gefallen!

Frei nach der griechischen Tragödie sehe ich wenig Hoffnung.

Die griechische Tragödie behandelt die schicksalhafte Verstrickung des Protagonisten (EU), der in eine so ausweglose Lage geraten ist, dass er durch jedwedes Handeln nur schuldig werden kann. Der tragische Charakter wird auch mit dem Attribut „schuldlos schuldig“ beschrieben. Die behandelten Themen reichen von philosophischen bis zu religiösen und existenziellen Fragestellungen wie:

Die Seinsfrage (der Euro)

Das Individuum (EZB) und die Welt

Menschen und Götter (Finanzmarkt)

Schuld und Sühne (Griechenland)

Charakter und Schicksal (Ratingagenturen)

Das Schicksal oder die Götter bringen den Akteur in eine unauflösliche Situation, den für die griechische Tragödie typischen Konflikt, welcher den inneren und äußeren Zusammenbruch einer Person zur Folge hat. Es gibt keinen Weg nicht schuldig zu werden, ohne seine Werte aufzugeben (was einem tragischen Akteur nicht möglich ist). Ein gutes Beispiel ist König Ödipus von Sophokles.

(Quelle: Wikipedia.de)

Die europäisch Politik und die EZB werden den EURO auf Teufel komm raus verteidigen, koste es was es wolle. Die gegenseitigen Abhängigkeiten in Europa werden größer. Die Schuldenländer verlieren ihre Autonomie, die Geberländer ihre Bonität, da mit größer werdenden Garantien auch die finanziellen Möglichkeiten der Geberländer schwinden. Wichtige Investitionen des Staates liegen auf Eis, da der finanzielle Rahmen dafür kleiner wird. Schon jetzt liegt die Arbeitslosenrate unter der Jugend Spaniens bei über 40%! Deutsche Bildungseinrichtungen brechen unter dem Renovierungsstau mangels Gelder langsam zusammen und die Bildung leidet. Wichtige Zukunftsinvestitionen werden jahrzehntelang auf Eis gelegt, mit unabsehbaren Folgen. Noch demonstriert die Jugend Spaniens friedlich. Schauen wir nach Griechenland, sieht das Bild auf den griechischen Straßen anders aus. Das griechische Volk fühlt sich seiner Zukunft beraubt und leidet unter dem Ausverkauf Griechenlands.

Steht am Ende des Geldes unsere Demokratie auf dem Prüfstand? Wir müssen uns langsam fragen, was wir bereit sind zu opfern, wollen wir nicht wieder in alte Muster, die in Europa vor 1945 vorherrschten, zurückfallen.

Es wird nicht ohne (sehr) schmerzhafte Kompromisse gehen, wollen wir unsere Freiheit nicht aufs Spiel setzen. Wir sind nicht mehr alleine und können daher auch nicht mehr so handeln.

Trotz aller Tragödie in Europa, sollten wir uns den Blick nicht trüben lassen. Amerika, das von den wirtschaftlichen Zahlen mit Griechenland vergleichbar ist, steht mit dem Rücken an der Wand. Stimmt der Kongress nicht bis zum 02.August 2011 einer Anhebung der Schuldengrenze (z.Zt. US$ 14,3 Billionen) zu, ist Amerika zahlungsunfähig. Im Gegensatz zu unserer EZB hat die FED dann die Möglichkeit, weiter neue US$ zu drucken, um mehr Liquidität zur Verfügung zu stellen. Dies hat natürlich Konsequenzen – Inflation. Die amerikanischen Ratingagenturen drohen mittlerweile offen mit einer Herabstufung der Bonität Amerikas. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmendaten Amerikas, wundert es schon, dass dies den Ratingagenturen nicht schon früher aufgefallen ist. Dies alles hat jedoch Kalkül. Die Ratingagenturen sind keine unabhängigen Institutionen, sondern wirtschaftlich abhängige Unternehmen (des Brot ich ess, des Lied ich sing).

Klartext: Während die Politik in unserer Welt uns glauben lassen will, dass sie alles im Griff hat und die Tragödie zu einem guten Ende führen wird, haben deutsche Banken und Versicherungen, die noch 2010 Herrn Schäuble Solidarität in der griechischen Frage zusicherten, bereits zum größten Teil ihre griechischen Anleihen bei der EZB abgeladen und damit begonnen, den Restbestand abzuschreiben. Die EZB ist zu einer riesigen BAD BANK verkommen, die sämtliche Risiken in Europa schultert und somit die Last den europäischen Bürgern überträgt. Amerika ist faktisch pleite und es ist lediglich eine Frage der Zeit, wann Zahltag ist. Auch dort haben verantwortungsvolle Akteure bereits Anleihen verkauft.

Für den Aufklärer Lessing verwandelt die Tragödie die Leidenschaften des Menschen in „tugendhafte Fertigkeiten“ – das Stück ist zu Ende, der Zuschauer ein besserer Mensch.

Wie so oft steht am Ende die Hoffnung !

Bernd Veith

Müller & Veith GmbH

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