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Weihnachtsengel

Schon mal versucht eine Zeitung 12-mal zu falten? Oder die Mär vom Zinseszinseffekt!

Der Vater liest Zeitung. Das Kind ist quengelig und fragt: “Papa, wann fahren wir endlich in den Zoo”. Der Vater antwortet:”Wenn du 1 Blatt meiner Zeitung 12-mal falten kannst, dann fahren wir sofort los”. Das Kind ist ob der leichten Aufgabe höchst erfreut und sieht sich schon am Affengehege.

Nach wenigen Minuten gibt das Kind enttäuscht auf.

Warum? Die Reaktion des Kindes ist ein Beispiel dafür, dass Menschen nicht dazu taugen sich exponentielles Wachstum vorzustellen. Der Mensch denkt nie exponentiell, aber immer linear. Er weiß wenn er doppelt so viel arbeitet, verdient er doppelt so viel. Das ist das Ergebnis der Anpassung der Menschen von der Steinzeit bis heute. Auch damals schon wusste die Steinzeitfrau, dass sie doppelt so viele Kinder ernähren kann, wenn sie doppelt so viele Beeren sammelt. Aber Sie kann sich das Ergebnis nicht vorstellen, wenn sie immer doppelt soviel Beeren sammeln muss wie am Vortrag.

Übrigens müsste die Zeitung nach 12 Faltungen 40 cm hoch sein (bei einer Blattstärke von 0,1mm). Das werden Sie nicht hinbekommen. Und wie hoch wäre die Zeitung nach 49 Faltungen? Ich bin mir sicher Sie liegen wieder daneben. Es sind ca. 56 Mio. km, also ca. 37,5% der Distanz Erde-Sonne.

Dieses Beispiel ist typisch für die Funktionsweise von Zinseszinseffekten. Darüber nachzudenken ist die geistige Hölle  der finanzmarkttheoretischen Überlegungen.  Manchmal gönne ich mir den “Luxus” dort hinabzusteigen und über das Konzept des exponentiellen Wachstums nachzudenken. Man muss sich als Insider fragen, ob der Zinseszinseffekt nicht System zerstörend ist.

Das Konzept des Josephspfennig macht einen ähnlich nachdenklich. Sie wollen wissen warum? Na dann schauen Sie sich mal diese Sache an:

Man hat zu Zeiten von Christi Geburt 0,01 € also 1 Cent zu 5% bis heute angelegt. Wie groß ist das Vermögen heute? Es kommt eine Zahl heraus, die mit einer 4 beginnt und weiteren 42 Stellen gefolgt wird. Nun das ist schwer zu fassen, deswegen werde ich Zahl etwas herunter rechnen. Der heutige Goldpreis pro Tonne Gold liegt bei ca. 42,8 Mio. Euro.  Wie viel Tonnen Gold könnte man sich also heute kaufen. Ich sage Ihnen, diese Zahl mit 36 Stellen ist immer noch nicht vorstellbar. Also versuchen wir einen weiteren Kniff. Die Erde wiegt ungefähr 6.000 Trillionen Tonnen (ein Blick ins Internet wird das bestätigen). Die Frage könnte also sein, wie oft könnte ich das Gewicht der Erde in Gold mit den Zinsen des Josephspfennigs kaufen? Die Antwort ist: etwa 16 Bio mal. Ganz abgesehen davon, dass es nur etwa 155.000 t Gold weltweit gibt, erkennt man sofort die Absurdität des Zinseszinseffekts.

Übrigens: würde es nur einen Zins auf das eingesetzte Kapital geben, also dem 1 Cent und nicht auch auf den Zins aus dem 1 Cent, hätte unser Anleger heute, also nach 2012 Jahren, nur 1 Euro und 2 Cent auf dem Konto.

Ist das nicht verrückt?

Es ist offensichtlich, dass ein Zinseszinssystem der Geldverleihung auf Dauer scheitern muss. So gesehen ist es kein Wunder, dass es in den Volkswirtschaften dieser Erde immer wieder zu Zerstörungen der Wirtschaftssysteme kommt, sei es durch Inflation, Währungsreformen oder Kriegen.

Ich bin natürlich kein Hellseher in der Frage was uns die Zukunft bringt. Aber ich meine man wird sich irgendwann (das kann auch noch 100e Jahre dauern) auf ein System einigen, dass ohne Zinseszinseffekte auskommt, weil wir vielleicht sonst unsere Finanzsysteme immer wieder selbst zerstören. Der Nebeneffekt wäre vielleicht auch noch (hoffentlich werde ich jetzt nicht in die linke Ecke geschoben), dass nicht der Reiche (exponentielles Wachstum) immer reicher wird, sondern der Fleißige immer reicher (lineares Wachstum) wird. Dabei möchte ich nicht so weit gehen zu sagen, wie der Club of  Rome, dass es eines Tages kein Wachstum mehr gibt, sondern ich meine, dass sich einfach die Richtung des Wachstums ändern wird. Wachstum muss nicht immer in der Zerstörung unserer Ressourcen liegen.

Übrigens wussten Sie, dass unser Gehirn das einzige “Gut” ist, das durch seinen Gebrauch immer höherwertiger wird, während andere Güter durch Gebrauch eher verschleißen.

Eigenartig ist übrigens auch, dass der Ertrag des Geldes niedriger besteuert wird (Abgeltungsteuer 25%) als der Ertrag der Arbeit (45%). Ist das klug muss man sich fragen? Zu Ende gedacht bedeutet das, wenn jeder irgendwann genug Geld hat, muss keiner mehr arbeiten. Das Steuersystem würde das fördern. Nur wenn keiner mehr arbeitet, was soll man sich dann von seinem Reichtum noch kaufen können? Woher sollen Güter kommen, wenn Sie keiner mehr produziert? Woher soll die Nahrung kommen, wenn keiner mehr sät und erntet?

All das sind unangenehme Fragen für die Geldtheoretiker. Denn wenn wir ehrlich sind, müssen wir darüber nachdenken und vielleicht unser Bild von der Welt ändern und verstehen, dass die Schaffung von Werten durch Arbeit vielleicht doch wichtiger ist für unseren Wohlstand, als das Horten von Geldscheinen. Wenn Geld als gespeicherte Kaufkraft die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten fördert, indem Ideen gefördert und Produktionsstätten und Organisationen geschaffen werden, dann wird Geld sinnvoll eingesetzt und unser Wohlstand gemehrt. Wenn Geld nur sich selbst vermehrt, verliert es seinen Zweck. Deswegen sollte, wer Geld hat in die Wirtschaft investieren, in Form von Private Equity Investitionen, Aktien oder Aktienfonds oder Infrastrukturmaßnahmen, um Ideen eine Chance zu geben sich zu verwirklichen. Das ist allemal besser als die konsumtiven Ausgaben eines Staates zu finanzieren.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es die tägliche Arbeit vieler Menschen ist, die unseren Wohlstand sichert. Und die gehört gefördert.

Zum Schluss noch ein schöner Gedanke für alle Leistungsbereiten: heute konnte man in der SZ nachlesen: Wer länger arbeitet, altert mental erst viel später, hat ein höheres Wohlbefinden und bleibt gesünder (Demografieforscher Axel Börsch-Supan).

Ich wünsche Ihnen lieber Leser, ein langes, arbeitsreiches und spannendes Leben.

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